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Christian Cornelssen: Insgesamt wieder die bekannte Usurpation der Aufklärerrolle: Kritikern wird Unverständnis unterstellt, die gewünschte Sicht wird an der Realität vorbei proklamiert. Typisch ist die Abwälzung auf Neuheit und Erfindungshöhe, beides weder rechtlich noch amtlich skalierbare Begriffe, wohingegen die sehr wohl rechtlich gestaltbare und amtlich durchsetzbare Bestimmung patentierbarer und nichtpatentierbarer Gegenstände möglichst nicht in Betracht gezogen wird. Entlarvend ist die Bezeichnung von "technisch anwendbaren Ideen als Wirtschaftsgut": Nicht die technische Anwendung selbst soll das geschützte Wirtschaftsgut sein (das Analogon zu Produkt- und Verfahrensansprüchen), sondern die Ideen an sich, entsprechend den Programmansprüchen des Rates der EU, die das BMJ aus der Taufe gehoben hat. Damit wird einer noch extremeren Forderung das Wort geredet als derjenigen, die vom EP in erster Lesung mit 400:7 Stimmen abgeschmettert wurde.
Christian Cornelssen: Unterschwellig wird eine pseudotechnische Sichtweise vermittelt, die auf Software übertragen wird, obwohl diese urheberrechtlich zu schützen ist und obwohl das traditionelle Rechtssystem, wie es in Bern, EPÜ und TRIPs kodifiziert ist, auf weitergehende Ausschlussrechte ausdrücklich verzichtet. Das Ganze wird kombiniert mit unverhohlenem und ungerechtfertigtem Machtstreben über die Konkurrenz. Wettbewerb wird nur als Bedrohung dargestellt. Es geht ihm nicht darum, was einem Innovator zusteht und was nicht, sondern nur darum, Vorsprünge zu sichern. Dabei fordert er ausdrücklich Patente auf "Trendsetter und Standards", mithin auf alles, was Netzwerkeffekte zeigt und deswegen im Interesse des Wettbewerbs freihaltungsbedürftig ist. Dass mit einem SWPat-Regime hauptsächlich amerikanischer/japanischer Vorsprung gesichert würde und dass man sichernswerten Vorsprung erst einmal erarbeiten muss, woran man durch SWPats behindert wird, verschweigt er.
Christian Cornelssen: Erwartungsgemäß eine eher allgemein gehaltene Rede, welche die Grundgedanken des Patentsystems im technischen Kontext noch einmal rekapituliert. Allerdings ging der Kanzler angesichts von H. v. Pierers Forderungen auf das Gemeinschaftspatent ein und bestätigte die Ablehnung des Übersetzungsaufwands, während er sich zum rücksichtslosen "Kampf um die technologische Führungsrolle" nicht äußerte und stattdessen die Gesellschaft in den Vordergrund stellte. Dass Kreative und KMUs insbesondere im Software-Bereich existentielle Probleme mit einem Patentregime haben, scheint er gar nicht zu sehen. Immerhin kann der "Versprecher" bei der SWPat-Richtlinie und die auffällig formale Korrektur als Zeichen dafür gewertet werden, dass der Kanzler nichts von Verschleierungen dieser Art hält. Jedoch propagiert er die Desinformationen seiner Ministerin hinsichtlich der deutschen Rolle im Ministerrat. Er betont den Zweck des Wissenstransfers, scheint aber dennoch die Aufgabe des EPA-Präsidenten eher darin zu sehen, das Postulat des Geistigen Eigentums zu verbreiten.
Fazit: Obwohl der Kanzler der Irak-Kriegstreiberei mit der Ausrede "für Frieden und Sicherheit" nicht erlegen ist, hat der räuberische Feldzug der Patent-Treiber gegen die Domäne des Urheberrechts unter dem Motto "für Geistiges Eigentum" heute seinen Segen bekommen.
Schroeder, Zypries, von Pierer
http://www.phoenix.de/ereig/exp/20878/index.html
v. Pierer schweifte spontan auf das Thema Softwarepatente ab, sprach von hochkomplexen programmierten Computertomographen, die, im Unterschied zu "Heimsoftware" und "Geschäftsmethoden", unbedingt des "Patentschutzes" bedürften und diesen nur durch das Ratspapier erhalten könnten, wurde darauf hin von H. Pilch zur Rede gestellt (bitte erklären, warum er den Text des Europa-Parlamentes als desaströs bezeichnete und jetzt genau das gleiche zu wollen vorgibt, was mit dem Parlamentstext nicht aber mit dem Ratstext erreicht wird).
Pierer antwortete ausweichend, erklärte, er kenne sich mit den Details der vom Parlament verabschiedeten Richtlinie nicht aus, werde aber weiterhin sich auf den Rat seiner Experten verlassen und im Interesse seiner Firma Stellung nehmen.
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